Glocke_Plakat

Friede sei ihr erst Geläute


„Das Lied von der Glocke“ von Friedrich Schiller

Sonntag, 16. Oktober 2016, um 16 Uhr
Klosterkirche der Ursulinen

Burggasse 38
94315 Straubing

Eintritt frei – Spende erbeten

Mehrstimmige Rezitation:
Martha und Lutz Schauerhammer
(Mitglieder des Poesievereins „Dichterpflänzchen“ e.V.)

Musikalische Interpretation:
Bettina Thurner (Mezzosopran, www.bettina-thurner.de )
Evi Grill (Orgel)
Martin Thom (Violine)


Schillers Glocke, ein phantastisches Werk!

In unseren christlichen Regionen ist die Glocke nicht wegzudenken. In jedem noch so kleinen Dorf steht eine Kirche oder eine Kapelle mit einem Glockenstuhl. Selbst in den entlegensten Gegenden wurden Klöster erbaut, deren Glocken regelmäßig läuten.

Die Glocke läutet aber nicht nur zum Gottesdienst, zu Hochzeit oder Geburt, sie läutet auch Alarm bei Unwettern, Kriegsgefahren und Feuersnot und sie läutet auch bei Beerdigungen. Ihr Klang ist ganz eng mit dem Leben der Menschen verbunden.

Vertraut aber ist vor allem der Glockenklang am Sonntagmorgen. Der Tag, an dem selbst Gott die Arbeit an seiner Schöpfung ruhen lies und sich an ihr erfreute, so wie wir das auch tun sollten.

Ein moderner Dichter vergleicht das Wirken des Poeten mit dem des Glockengießers. Dieses Gedicht hätte auch Friedrich Schiller gefallen.

Manfred Kyber
Glockengießer

Du darfst des Lebens bunte Lichter
allein nur deinem Engel weihn
und musst, bist du der Wahrheit Dichter,
des Geistes Glockengießer sein.

Die Formen musst du bau’n und schließen
Mit deiner Seele Aschenglut,
des Geistes Glocken drin zu gießen,
den du erkauft mit deinem Blut.

Dein Herz wird in der Brust zerspringen,
so wie dir Form um Form zerbricht –
doch deine Glocken werden singen
in Ewigkeit das Lied vom Licht.


Ein ganz wichtiger Aspekt, den wir noch nicht erwähnt haben, ist die Glocke als Uhr. Jahr ein Jahr aus, Monat für Monat, Tag für Tag schlägt sie die Stunden. Jedem Bürger teilt sie die Zeit mit und jeder weiß, was die Uhr geschlagen hat.

Friedrich von Logau
Stunden-Glocke

Die Glock ist unser Wächter und saget uns die Stunden,
Nicht die, die kummen sollen, nur die, die weg sich funden.


Friedrich Schiller verbindet in dem „Glockengießerlied“ das alltägliche Leben mit philosophischen Betrachtungen.

Er erlangte mit seinem Glockenlied einen Bekanntheitsgrad, der weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus reichte. Kein Wunder, denn „Das Lied von der Glocke“ ist eine Singularität in der Poesie überhaupt. Hier werden hohe, allgemeingültige Ideen mit handwerklichen Arbeiten des täglichen Lebens verbunden. Schönste Lyrik und Meistersängerlied finden wir hier in einem Gedicht vereint. Es ist ein richtiger Szenenbogen, unter dem viele kleine, in sich abgeschlossene Episoden und philosophische Gedanken zu einem neuen Ganzen verschmolzen werden.

Zwischen die Szenen aus dem Leben und den allgemeinen Betrachtungen über Staat und Gesellschaft hat Schiller die Sprüche des Meisters Glockengießer gestreut, der seine Gesellen zur Arbeit anhält und ihnen die einzelnen Arbeitsschritte erklärt. Schiller ehrt damit nicht nur die Arbeit des Handwerks, er erhöht sie auch zum poetischen Gegenstand.

„Das ist’s ja, was den Menschen zieret,
Und dazu ward ihm der Verstand,
Daß er im innern Herzen spüret,
Was er erschafft mit seiner Hand.“


Der Meister Glockengießer bildet das Thema und Leitmotiv des ganzen Gedichtes. Der fortschreitende Arbeitsprozess, zu dem sich „wohl ein ernstes Wort“ geziemt, regt den Meister zu sinnigen Betrachtungen über die Gesellschaft und den Staat an. Jedesmal, wenn das einzelne Dasein durch Schicksalsschläge vernichtet zu werden droht, treibt der Meister durch freudiges Schaffen die Entwicklung weiter, bis die Glocke vollendet und der Kreis des Lebens abgeschritten ist.

„Arbeit ist des Bürgers Zierde,
Segen ist der Mühe Preis;
Ehrt den König seine Würde,
Ehret UNS der Hände Fleiß.“


Es ist sicher diese hohe Wertschätzung der Arbeit des gewöhnlichen Bürgers, die diesem Gedicht zu einer fast legendären Beliebtheit und Berühmtheit verholfen hat. – Das Lied von der Glocke ist wirklich eine „Schule des Lebens“, wie es lange genannt wurde. Es hat den Namen des Dichters in die hinterste Stube des kleinsten Weilers getragen. Schiller war nun DER Volksdichter schlechthin.

Zum 10-jährigen Gedenken an Schillers Todestag arrangierte Goethe das Lied von der Glocke in lebende Bilder. Schauspieler, Laien und Handwerker waren in die Inszenierung eingebunden.

Johann Wolfgang Goethe
(zu Schillers Andenken, Weimar, den 10. Mai 1815)

„Hierauf ward Schillers „Glocke“ vorgestellt. Man hatte nämlich diesem trefflichen Werke, welches auf eine bewunderungswürdige Weise sich zwischen poetische Lyrik und handwerksgemäßer Prosa hin und wider bewegt, ohne die mindeste Veränderung, ein vollkommen dramatisches Leben mitzuteilen versucht, indem die mannigfaltigen einzelnen Stellen unter die gesamte Gesellschaft nach Maßgabe des Alters, des Geschlechts, der Persönlichkeit und sonstigen Bestimmungen verteilt waren, wodurch dem Meister und seinen Gesellen, herandringenden Neugierigen und Teilnehmern sich ein Art von Individualität verleihen ließ.

Auch der mechanische Teil des Stücks tat eine gut Wirkung. Die ernste Werkstatt, der glühende Ofen, die Rinne, worin der feurige Bach herabrollt, das Verschwinden desselben in die Form, das Aufdecken von dieser, das Hervorziehen der Glocke, welche sogleich mit Kränzen, die durch alle Hände laufen, geschmückt erscheint, das alles zusammen gibt dem Auge eine angenehme Unterhaltung.

Die Glocke schwebt so hoch, dass die Muse anständig unter ihr hervortreten kann.“

Friedrich Schiller
Das Lied von der Glocke

Vivos voco, Mortuos plango, Fulgura frango.

Festgemauert in der Erden,
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden,
Frisch Gesellen! Seid zur Hand.
         Von der Stirne heiß
         Rinnen muß der Schweiß,
         Soll das Werk den Meister loben,
         Doch der Segen kommt von oben.

Zum Werke, das wir ernst bereiten,
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort;
Wenn gute Reden sie begleiten,
Dann fließt die Arbeit munter fort.
So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten,
Was durch die schwache Kraft entspringt,
Den schlechten Mann muß man verachten,
Der nie bedacht, was er vollbringt.
         Das ist’s ja, was den Menschen zieret,
         Und dazu ward ihm der Verstand
         Daß er im innern Herzen spüret,
         Was er erschafft mit seiner Hand.


. . .

Mehr von der Glocke im Programm.          

Rückblicke und Presse

2015
Die Liebe, die Sonne und Sterne bewegt

Die göttliche Komödie - Dante Alighieri

So 25.10.15, Straubing, Klosterkirche der Ursulinen

Anlässlich des 750. Geburtstags von Dante Alighieri präsentieren die Dichterpflänzchen Gesänge aus der göttlichen Komödie. Dantes Wanderung zu Gott nimmt ein gutes Ende. Sein Begleiter, der römischen Dichters Vergil, führt ihn durch Hölle, Fegefeuer letztlich zum Himmel, wo sich ihm die Gottmenschlichkeit Christi und die Trinität im strahlenden Licht erschließt. Das Werk, entstand vor über 700 Jahren, ist heute noch zur Beantwortung moralischer Fragen hoch aktuell. Bettina Thurner, die bekannte Mezzosopranistin, und die Organistin Judith Wagner umrahmen die Sprachbeiträge mit meditativen, christlichen Liedern.

Der Zeitungsartikel zu dieser Veranstaltung zum Nachlesen:
"Die Seele tief bewegend" mit freundlicher Genehmigung des Autors und der "Straubinger Rundschau", PDF-Download: 0,8 MB

2014
Daseinsqual und Himmelssehnsucht

Lieder und Gedichte im Barock

Sonntag, 02.11.14, Straubing, Klosterkirche der Ursulinen

Lieder: Bettina Thurner (Mezzosopran)
Orgel: Judith Wagner
Texte: Martha und Lutz Schauerhammer

Barocke Dichtung
Der brennenden Not Deutschlands entsprang der ebenso brennende Wille, zu gestalten. Barocker Stil ist Drang und Fülle. Es ist die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, blutiger Kometen, maßloser Verschwendung und Verelendung. Daseinslust und Daseinsqual entspringt der gleichen Gewissheit, dass dem Leben erst im Jenseits ein Sinn wird.

Die Barocke Dichtung beeindruckt durch die Gewalt seines Wortes, seine dunkle und lichte Herrlichkeit, die Trostkraft, mit der der Mensch sich gegen sich selbst schützt. Und sie spiegelt die verwegene Kunstfertigkeit, mit der der Dichter über einer düsteren Welt sein Spiel spielt.

Hier der Zeitungsartikel "Von Qualen und Sehnsüchten" mit freundlicher Genehmigung des Autors und des "Straubinger Tagblatt", PDF-Download: 0,5 MB

Die Klosterkirche der Ursulinen in Straubing

Es gibt wohl kaum einen Raum der passender wäre, um die Lyrik des Barock vorzustellen, als diese wunderschöne Klosterkirche der Ursulinen in Straubing, die in den Jahren 1736 bis 1741 entstand.

Ihre kunstvolle Ausgestaltung war das letzte gemeinsame Werk der Brüder Egid Quirin und Cosmas Damian Asam.

Die damalige Leiterin des Ursulinenklosters beauftragte das Werk und nahm im Gegenzug die beiden Töchter von Cosmas Damian Asam in die Schule des Mädcheninternates auf; die jüngere trat schließlich in das Kloster ein.
Die Ursulinen kümmerten sich nach dem Dreißigjährigen Krieg um die Erziehung von Mädchen und halfen jungen Frauen. Für die Knaben und männlichen Schüler gab es ja bereits genug Einrichtungen der Jesuiten, Kapuziner und Franziskaner.

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Das Ursulinenkloster mit Schulgebäuden und zentraler Kirche
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Der Grundriss des Kirchenraums (Eingang links, Hochaltar rechts)
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Hauptportal der Klosterkirche
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Hochaltar in von den Brüdern Asam gestalteten Kirchenraum